Dienstag, 12. September 2023

Mangold - Superfood das krank macht?

 


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Bildquelle - pixabay

Mangold gilt bei vielen Menschen als vergessenes Superfood, dem geschichtlich besondere Heilkräfte zugeschrieben werden. Doch ist es das wirklich?

@lichtblick präsentierte in seinem Blog stolz die Gartenerfolge, die sich besonders beim angebauten Mangold zeigten und der im Dutch Oven dann auch mit Sahne verfeinert nach der Ernte verspeist wurde. Soweit so gut - was er jedoch nicht wusste, ist das Mangold sehr hohe Oxalsäuregehalte aufweist und daher nicht ohne weitere für jeden zum Verzehr geeignet ist. Auf meinen Gefahrenhinweis zum Mangold stellt er mir so denn folgende Frage - Zitat:

Hast du da einen Produkttipp? Einfach ne Magnesium Tablette nach dem/ oder vor dem Essen nehemen?
Mangold in Wasser vorkochen, Wasser wegkippen und man eine milchbasierende Sosse (100 ml Milch ) machen, ist das ausreichend zum Binden?

Da die Antwort auf diese meist kurzen Fragen in der Regel doch länger ausfallen als ein gewöhnlicher Kommentar, mache ich hieraus einen eigenen Blogbeitrag, weil das Problem scheinbar doch vielen Menschen nicht bewusst zu sein scheint.

Das in Wasser inlegen, vorkochen und die anschliessende Entsorgung des Kochwassers sind sicherlich geeignet um den hohen Oxalsäuregehalt von rund 650mg - 900 mg Oxalsäure je 100 gr Mangold zu senken, da ein rund 400 mg der im Mangold enthaltenen Oxalsäure in freier Form existieren - sprich wasserlöslich sind.

Kalkulieren wir für eine Durchschnittsportion mit 150 gr Mangold, dann kommen wir auf einen Gesamtgehalt von rund 1300 mg oder 1.3 Gramm (!!!) Oxalsäure je Portion.

Die beste Prophylaxe ist daher von vornherein gar kein Mangold zu sich zu nehmen, so denn man nicht eine Steinbildung in den ableitenden Harnwegen riskieren will. Dies gilt insbesondere für den regelmäßigen Verzehr dieses Blattgemüses. Für Nierensteinpatienten ist er im Grunde hingegen generell als tabu anzusehen, genauso wie Spinat, Rhabar usw.

Nun will ich den Mangold nicht verteufeln, da er als Folsäurequelle und Vitamin B2 Lieferant durchaus auch neben einigen Mineralien schon früher bei bestimmten Formen der Anämie (Blutarmut) sehr geschätzt war. Dies gilt meines Erachtens vermutlich aber nur für sogenannte normozytäre Anämien, welche auf Folsäure Mangel zurückzuführen sind, und im Alter besonders gerne auftreten.

Zurück zur Frage von @lichtblick:

Nehmen wir mal an, dass durch Waschen, in Wasser einlegen, kochen und Entsorgung des Kochwasser - also durch diese einfachen Maßnahmen die Oxalatbelastung im Gericht um rund 50% gesenkt werden kann, dann bleiben je 150 gr Mangold immer noch ca. 500 mg-750 mg Oxalsäure pro Portion übrig.

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Das ist aber nur eine Annahme, die von vielen Faktoren sicherlich nach oben wie nach unten beeinflusst wird und wie bei allen Oxalsäure haltigen Pflanzen zudem vom Erntezeitpunkt, den verwendeten Pflanzenbestandteile und dem Standort selbst zusätzlich beeinflusst werden.

100 ml Milch enthalten ca. 125 mg Kalzium. Die 125 mg Kalzium zum verfeinern werden jedoch nicht reichen um nach dem Kochen ca 500-750 mg mg verbleibende Oxalsäure je 150 gr Mangold zu neutralisieren, also dessen Bioverfügbarkeit durch Resorption im Darm zu reduzieren.

Wenn @lichtblick beispielsweise 300 gr Mangold für 2 Personen verwendet dann bewegt er sich bereits bei ca. 1.5 gram Oxalatgesamtbelastung für beide Personen, und dies trotz des präventiven Einlegens, Kochens und des Wegschüttens des Kochwassers.

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Die Zugabe von Magnesium zum fertigen und zu servierenden Gericht erscheint mir daher durchaus sinnvoll wie folgende Studien belegen - Link oder hier

Hinzukommt dass die Löslichkeit von Magnesiumoxalat um den Faktor 100 geringer ist als die von Kalziumoxalat und somit die Resorption der gebundenen Oxalsäure im Darm verhindert.

Ich würde aber die Magnesiumzufuhr in Form von Supplementen je Person auf maximal 200 - 250 mg pro Tag bei einer solchen Mahlzeit beschränken, um die Belastung des Urins mit Oxalsäure in den ableitenden Harnwegen zu senken und somit der Bildung von Nierensteinen zuvor zu kommen. Ebenso gilt es zu beachten, dass die Oxalsäure ein wahrer Calciuimräuber ist und sich ungünstig auf eine bereits bestehende Osteoporose auswirken kann.

Entsprechend ist die zum Verzehr beschränkte Menge an Mangold sorgfältig abzuwiegen. Denn auch hier gilt wie Paracelsus schon sagte - die Menge macht das Gift.

In diesem Fall wäre es vermutlich am einfachsten und ratsam das Magnesium neben der Kalziumhaltigen Sahne direkt dem zum servierenden Gericht bei zu mischen und eine Weile einwirken zu lassen, ehe man zum Löffel greift. Dabei gilt es zu beachten dass Magnesium zweiwertig ist.

❗Edit:❗

Also 100 mg Magnesium rund 100 mg Oxalsäure binden dürften. Eine Magnesiumtablette von 250 mg sollte also ausreichen um 250 mg Oxalsäure unschädlich zu machen. Da das Anion der Oxalsäure zweifach negativ geladen ist, braucht es jeweils ein Mg2+zum neutralisieren der Dicarbonsäure. Das Verhältnis sollte bei Magnesium Zugabe im Verhältnis 1:1 erfolgen. Also 100 mg Magnesium auf 100 mg Oxalsäure.. Die Aufnahme von Magnesium sollte jedoch idealerweise 250 mg am Tag nicht überschreiten. Die überschüssige Oxalsäure wäre dann mit Kalzium haltigen Produkten wie Milch oder Sahne - alternativ auch Käse - ebenfalls im Verhältnis 1:1 zu binden.

Bitte beachten - die tödliche Dosis für Oxalsäure liegt bei einer Aufnahme von 5-15 Gramm.

Wenn Du das Risiko für die Bildung von Nierensteinen senken willst, dann kannst Du die Mahlzeit ja noch mit Zitronensaft abschmecken. Die Zitronensäure sorgt dabei für eine Alkalisierung des Urins, was wiederum der Bildung von Kalziumoxalatkristallen entgegen wirkt. Mehr dazu unter folgendem Link

Vom !BEER solltest Du hingegen beim Essen wegen der stoffwechselbedingten (Lactatazidose durch Alkohol) ph senkenden Wirkung auf den Urin und der damit verbundenen erhöhten Steinbildungsrisiko dann jedoch die Finger lassen.

Nach der Mahlzeit würde ich zudem ausreichend viel Wasser (keine zuckerhaltigen Getränke) - gerne auch mit etwas Orangensaft verdünnt trinken.

2 bis 2.5 Liter sollten es dann binnen 24 Stunden dann aber auch sein um die Konzentration der Oxalsäure im Harn soweit zu senken, dass das Kristallisationsrisiko für Kalziumoxalat in den ableitenden Harnwegen bestmöglich gesenkt wird. Die erhöhte postprandiale Flüssigkeitsaufnahme senkt dabei das Risiko für eine Kalziumoxalatübersättigung des Urins im Bereich der ableitenden Harnwege und damit das Risiko für die Bildung von Harn- und Nierensteinen.

Wie immer nur meine Meinung und ohne Gewähr. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie bitte ihren behandelnden Arzt oder Apotheker... ;-)

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