Freitag, 11. Juli 2014

Klarstellung

Es erreichen mich Rückmeldungen im Bezug auf meinen letzten Blogbeitrag. Unter anderem wird mir unterstellt ich würde einen regelrechten Hass auf die Niederländer haben - und auf Familie Robben im speziellen.

Natürlich ist dem nicht so. Die Niederländer habe ich stets als aufgeschlossen, nett freundlich und zuvorkommend in meinem Leben bislang erlebt. Wäre dem nicht so, so würde ich nicht in den Niederlanden regelmässig Urlaub machen.

Wenn also eine Kritik an den Niederlanden bei der WM zuletzt erfolgte, so vor allem, weil die Mannschaft der Niederländer auf dem Fussballplatz sich in entscheidenden Situationen nach meinem dafür halten mehr als unsportlich verhalten hat. Dies begann schon im Elfmeterschiessen gegen Costa Rica und war auch gegen Argentinien - insbesondere wiederholt im Spiel - gegen Messi zu beobachten. 

Lionel Messi wurde derart grob teilweise in die Beine oder auch Waden getreten oder auch am Trikot festgehalten, dass die Niederlande dafür eigentlich einen Platzverweis verdient hätten. Doch wie in der ganzen WM drückte der Schiedsrichter auch hier beide Augen zu und war gegenüber den teilweise groben und hässlichen Fouls der Niederländer blind.

Diese Kritik richtet sich ausschliesslich gegen die holländische Nationalmannschaft - und selbstredend nicht gegen das holländische Volk. Es ist auch eine Kritik an der teilweise desolaten Schiedsrichterleistung bei dieser WM. 

Das holländische Volk steht natürlich nicht auf dem Platz und ist für die Unsportlichkeiten der Niederländer in den letzten beiden Spielen nicht verantwortlich. Gleichwohl sollten sich die Holländer fragen, ob das Verhalten ihres Torwartes Krull im Elfmeterschiessen noch dem sportlichen Anstand entsprochen hat, der in solchen Situationen, nach mehr als 120 Minuten, eigentlich massgeblich sein sollte. Bei allen Enthusiasmus für die eigene Nationalmannschaft. Ich möchte kein Anhänger eines Teams sein, dass nur durch Unsportlichkeiten und fehlenden Respekt gegenüber dem Gegner ihr Ziel erreicht. Bei allem Ehrgeiz der einzelnen Akteure auf dem Platz - Fussball ist und bleibt ein Spiel. 

Wenn jedoch in die Knochen getreten wird oder ein Fussballer - egal ob verbal oder mit der Faust - derart attackiert wird, dass die Gesundheit und damit die berufliche Zukunft des Gegners zerstört werden kann, dann werden die Grenzen der Sportlichkeit und der Fairness verletzt. Solcherlei Vorkommnisse haben nach meinem dafürhalten nichts mehr mit Fussball zu tun - und haben meiner Ansicht nach auf keinem Spielfeld der Welt etwas verloren. Als Holländer würde ich mich zutiefst für die Verfehlungen eines Krull oder der groben Fouls einzelner Akteure schämen.

Ich habe letzten Sommer auf einem Sportplatz in Düsseldorf erste Hilfe leisten müssen, weil ein Spieler einer Hobbymannschaft mit ebenso überzogenen Ehrgeiz meinte voll durchholen zu müssen - ohne Rücksicht auf das Schienbein des Gegners, dass er dabei trotz Schienbeinschoner - zertrümmerte. Der junge Student krümmte sich anschliessend mehr als ein Neimar vor Schmerzen. Das gebrochne Schienbein hatte gott sei dank die Haut nicht perforiert - aber die verdrehte Achslage sprach Bände. Es dauerte zudem rund 20-30 Minuten bis die Sanitäter den Ort des Geschehens gefunden hatten. Und nochmal rund 10 weitere Minuten bis der Notarzt eintraf. Mir blieb vor Ort nichts anderes übrig den jungen unter Schock stehenden Mann dazu zu bewegen sich trotz brutalster Schmerzen, sich auf andere Dinge zu konzentrieren, sein Bein nicht anzuschauen und bei Bewusstsein zu bleiben. Wenigsten konnte ich mit Eintreffen der Sanitäter eine erste Primärversorgung einleiten - und den Mann mit einem sicheren Zugang und Volumenersatz behandeln. Selbst unter Opiat-Analgesie war eine Reposition der Fraktur vor Ort wegen der therapierefraktären Schmerzen nicht möglich. Dabei ist davon auszugehen, dass entsprechende Weichteilschäden die Prognose insgesamt verschlechtern und selbst vor Ort bei erfolgreicher Analgesie die Spätschäden reduziert werden können, wenn eine Stabilisierung der Fraktur durch Reposition gelingt. Wenn Spieler - egal bei welchem Spiel - von minderbemittelten und intellektuell unterbelichteten Mitspielern zu Krüppeln getreten werden - und sei es nur, dass man vorsätzlich und wissentlich mit gestrecktem Bein auf die Knochen oder Gelenke des Gegners losgeht - so ist dies für mich strafrechtlich eine versuchte Körperveletzung, die eigentlich sogar mit einer roten Karte und einem Strafverfahren geahndet werden müsste.

Ich vertrete weiterhin die Auffassung, dass eine Mannschaft - und dies bezieht sich nicht nur auf die Niederländer -  welche überlegene und spielerisch herausragende Akteure des Gegner meint niedertreten und fortlaufend foulen zu müssen, es nicht verdient hat in ein Finale einer Fussballweltmeisterschaft einzuziehen.

Desweiteren habe ich keine persönlichen Ressentiments gegen Familie Robben - zumal ich diese persönlich nicht kenne. Gleichwohl ist es mehr als befremdlich, wenn diese ihren noch unbedarften kleinen Jungen einer solchen Anspannung und Aufregung wie dem Halbfinale aussetzen - zumal die Mutter des Jungen ganz objektiv - am Ende des Spiels mit den Emotionen des Jungen vollkommen überfordert war. 

Ich finde Kinder in diesem Alter haben in Stadien nichts verloren, insbesondere wenn abshebar ist, dass die Geschehnisse auf dem Platz den Kindern der Spieler selbstredend derart nahe gehen, dass deren psychisches Gleichgewicht und seelisches Wohlbefinden empfindlich gestört wird. So hätte die Mutter mit dem sichtlich angespannten Sohn schon vor Ende des Spiels das Stadion verlassen können, was sie nicht tat. Für die auf publikumswirksame Bilder bedachten Medien, sind solche Livebilder natürlich ein gefundenes Fressen. Die zur Showstellung von kindlichen Emotionen in den Massenmedien ist meines Erachtens intolerabel und ethisch nicht vertretbar. Insbesondere in Zeiten wo Pädophile zu Hauf scheinbar sich an dem Leid von Kindern ergötzen. Von öffentlich rechtlichen Sendern erwarte ich, dass das Kindeswohl geschützt und nicht zur Schau gestellt wird. Ein Kind ist ein Mensch - und keine Person des öffentlichen Interesses, welches nur dazu dient die emotionalen Bedürfnisse einer zusehends vor der Glotze domestizierten und seelisch degenerierenden Gesellschaft zu bedienen.

Ich halte eine solche zur Schaustellung für das Kindeswohl mehr als ungesund und vertrete auch diesbezüglich die Auffassung, dass hier die Eltern zu allererst auf die seelische Gesundheit ihrer Kinder zu achten haben. Dazu gehört es auch Kinder nicht der Öffentlichkeit in ihrem emotionalen Erleben einfach preis zu geben, da die langfristigen seelischen Folgen solcher zur Schaustellungen meiner Ansicht nach eher schädlich als förderlich für das späteres Kindeswohl sind. Die Familie Robben muss sich daher auch entsprechende Kritik gefallen lassen, wenn sie das eigene Kind derart in die Öffentlichkeit einbringt.

Dies hat nichts mit Ressentiments gegen die Familie Robben als solches zu tun, sondern ist eine Kritik an dem Umstand, dass diese ihre Kinder ins Licht der Öffentlichkeit rückt - ohne dass diese etwas dagegen machen können.

Ich bleibe dabei, dass Unsportlichkeiten jeglicher Art auf dem Platz nichts verloren haben. Wo solche Dinge enden können zeigt das Beispiel an Neymar. Auch Kolumbien ist verdienter Maßen ausgeschieden. Auch diese haben gefoult und getreten, dass man nur noch den Kopf schütteln musste. Daraus zu schliessen, dass ich gegen Kolumbien, nur wegen des Versagens einzelner Spieler auf dem Spielfeld, generelle Ressentiments hätte ist dann doch mehr als weit hergeholt. Das gleiche gilt für entsprechende Kritiken an der niederländischen Nationalmannschaft.

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