Mittwoch, 11. Juni 2014

Düsseldorf - The Day After...

Liebe Leserin, lieber Leser,

an dem ich mich erinneren kann, mal abgesehen von einem Winterorkan, als ich etwa 10 Jahre alt war und der die Dächer daheim abdeckte. 

Die Älteren unter den Düsseldorfern können sich nicht erinnern jemals ein solches Unwetter erlebt zu haben. Dies erzählte mir zumindest eine nette alte Dame von rund 80 Lenzen. 




Die Kinder im Kindergarten durften am Tag nach dem Unwetter die Räume nicht verlassen und draussen spielen. Zu hoch erschien den Verantwortlichen das Risiko, dass doch was passieren könnte.

Der Tag nach dem stärksten Unwetter der vermutlich letzten 100 Jahre in Düsseldorf begann sonnig und gespenstig ruhig. Die Stadt war auf den Beinen. Die Menschen interessierten sich nicht mehr für ihr iphone - ausser um damit vielleicht Fotos zu machen. Die Natur hat die domestizierten Erden- und Stadtbewohner, die es nur noch gewohnt sind jeden Tag in irgendeinem Büro zu hocken und auf einen Computerbildschirm zu gucken, förmlich wachgerüttelt. Und das ist auch gut so...


So waren denn am morgen danach - viele mit dem Fahrrad oder zu Fuss unterwegs - Pendlerverkehr mal ausgenommen. Es herrschte bedächtiges Schweigen und viele fassungslose und auch unglaubwürdige Blicke konnte man beobachten. Die Stadt hat die größten Grünverluste seit dem Zweiten Weltkrieg zu verzeichnen. 

Die Menschen standen auch  noch am späten Abend vor umgestürzten Bäumen, zertrümmerten Autos und fuhren mit dem Fahrrad durch die teilweise verlegten Strassen, so denn sie nicht zu Fuß unterwegs waren. Manche Wege waren schlicht unpassierbar. Das nachfolgende Video zeigt eher geringe Sturmschäden, wie sie sich im Düsseldorfer Süden in der Nähe der Uni-Kliniken und der Universität ereignet haben. Es bot sich ein teilweise skurriles Bild. 

Am Platz vom Café Weise sah es aus wie nach einem Bombenanschlag. Dort hatten die Orkanböen eine Platane nicht nur entblättert sondern gleich größtenteils skelletiert. Am Volmerswerther Deich in Düsseldorf Flehe hatte das Unwetter eine einstmals stolze Trauerweide in Ufernähe zum Rhein kurzerhand halbiert. Die umgestürzte schlechtere Hälfte verfehlte den Stromkasten nur um Zentimeter und hätte fast auch noch ganze Teile des Ortes von der Stromversorgung abgeschnitten. Die Motorsägen waren auch noch am Abend zu hören.

Besonders schlimm soll es im Hofgarten aussehen - so wurde mir berichtet. Ein sehr guter Freund rief mich nach seiner Rückkehr aus Bremerhafen, wo von all dem Unwetter nichts zu spüren war, noch an, weil er bei seiner Heimkehr am späten Nachmittag feststellen musste, dass eine Kiefer in seinem Vorgarten umgestürzt war. So verbrachten wir den Abend damit, die Kiefer, nachdem wir eine Säge organisiert hatten, mitsamt Wurzelwerk zu beseitigen.

Mit Einbruch der Dunkelheit drehten wir wie immer noch per pedes eine Runde durch Düsseldorf Benrath. Was wir sahen und in dem Video nicht festgehalten wurde, übertraf das Ausmass der Verwüstungen die ich tagsüber gesehen hatte ehrheblich. So ist die Strasse am Benrather Schlossufer komplett gesperrt. Viele der Alleebäume, die unmittelbar am Rhein standen muss das Unwetter wie Pusteblumen in ihre Einzelteile zerlegt haben. Mancherorts hängen die zerborstenen Baumspitzen von mehr als haushohen Tannen und Fichten in den Ästen über den Hausdächern. Zertrümmerte Autos auch hier - getreu dem Motto: "Ich war mal ein Golf..."

Der Weg in den Benrather Schloßpark war durch umgestürzte mehr als 200 Jahre alte Buchen und Bäume versperrt. Die Bäume mussten wie Streichhölzer umgeknickt worden sein. Selbst ein Stammumfang von 3 oder 4 Metern vermochte den Sturz der Bäume und damit ihr Ableben verhindern. Im Dunkeln mieden wir jedoch wegen der Gefahr herabfallender Äste und möglicherweise ungesicherter umsturzgefährdeter Bäume das parkgrosse Areal. Das Fischerhaus wurde von einem umgestürzten Baum nur knapp verfehlt. Direkt am Rhein sind ganze Baumreihen verschwunden. Der Orkan muss dort gewaltig getobt haben. Eine Frau zog am Abend noch mehrere Meter große Astkonglomerate einstmals stolzer Linden aus dem Vorgarten ihrer Millionenvilla auf die Strasse, nachdem der Sturm am Tag zuvor diese rund 30 bis 40 Meter weit über die Strasse und die Gehwege auf ihr Grundstück geworfen haben muss.

Die älteren Bewohner berichteten, dass sie solch ein Unwetter noch nie in ihrem Leben erlebt hätten. Zwar gäbe es immer mal wieder Gewitter, wie in jedem Jahre, manchen verblieben auf der anderen Rheinseite, aber ein Unwetter wie das vom Pfingstmontag hätten sie noch nie erlebt. Es dürfte sich mit Blick auf die Berichte der älteren Semester, somit bei dem Unwetter um das schwerste Unwetter der Geschichte der Stadt Düsseldorf in den letzten geschätzt 100 Jahren handeln, da die Verwüstungen sich über die ganzen Stadtgebieter erstrecken.

Eine Frau berichtet, dass sie auf dem Weg von Baumberg nach Düsseldorf war - eine Strecke von vielleicht 5-6 Kilometern und sie versuchte dem Unwetter zu entkommen, es sie aber dann doch einholte. Sie starb tausend Tode als sie in ihrem Auto sass und nicht mehr weiter fahren konnte, weil die Strecke durch umgestürzte Bäume versperrt war, während das Unwetter über ihr wütete. Nach dem Unwetter sollen der älteren Dame Passanten geholfen haben, den Baum irgendwie zur Seite zu bewegen, damit sie heimfahren konnte, was aber angesichts der zahlreichen unpassierbaren Strassen wegen umgestürzter Bäume ebenso nicht möglich war. Auch heute Abend war die Strecke nach Monheim von Düsseldorf aus immer noch gesperrt und sie dürfte es auch noch eine Weile bleiben, da in Urdenbach die Ampelanlage ebenfalls Geschichte ist.

Man könnte meinen die Druckwelle einer 20 oder 30 Kilometer entfernt explodierten Atombombe hätte die Schäden angerichtet.

Wegen des Unwetters, wird hier in den kommenden Tagen der Blog ruhen, zumal für heute erneute Unwetter angekündigt wurden. Bis heute frage ich mich jedoch, warum in den Wetterberichten nicht vor diesem Monstersturm eindringlicher gewarnt wurde. Auch ist es kaum verständlich warum die Sirenen mit Ausbruch dieses Supersturms nicht die Bürger der Stadt Düsseldorf gewarnt hatten.

Auf der anderen Seite muss man großes Lob an die Einsatzkräfte zollen, die Tag und Nacht im Einsatz sind und auch heute Nacht wie in Benrath beobachtet, damit beschäftigt sind Bäume zu sichern, Strassen zu sichern und ggf. umsturzgefährdete Bäume kurzerhand zu fällen. Die Feuerwehr geht in Benratz mit Einsatzwagen und Taschenlampe von Baum zu Baum und checkt jeden einzelnen Baum auf seine Standsicherheit.

Denn eins ist klar - ein weiterer Sturm oder auch nur ein mässiges Gewitter dürfte die fragilen Bäume mit ihren in den Baumwipfeln liegenden und zerstörten Ästen dazu veranlassen Autos zu zertrümmern und Passanten zu schädigen....

Seit einer Stunde etwa schieben sich wieder dunkle Wolken vor den Mond. Es sind auch erste Blitze in der Ferne zu erkennen. Vermutlich Wetterleuchten - zumindest hoffen wir das mal... Denn noch so ein Unwetter wie gestern, dürfte Düsseldorf den Rest geben und den Ausnahmezustand ausrufen lassen.

Doch es gibt auch gute Nachrichten. So haben die Höckerschwäne mit samt Gelege von 7 Eiern, dass schwere Unwetter an der Universität überlebt. Am Mittag schlüpfte so denn das erste Schwanenbaby aus dem Ei und am späten Nachmittag war das zweite geschlüft - sehr zum entzücken einiger Studenteninnen...

Dafür war der Mutter allerdings ein Ei aus Gelege an den Rand des Nestes gerollt und droht nun in den See zu kullern. Der tierärztliche Notdienst riet mir nichts zu unternehmen, auch um den Rest des Geleges nicht zu gefährden und nicht mich selbst, da Schwäne sehr gefährlich werden können, wenn es um den Schutz ihres Nachwuchses geht. Na ja, dass wusste ich auch schon vorher...


Hoffen wir daher, dass es heute und auch die kommenden Tage ruhig bleibt. Denn mit ein bisschen Glück kommen noch fünf weiße Schwäne in den kommenden Tagen dazu.

Doch wo ich dies schreibe fängt es draussen an zu blitzen und zu donnern - aber bei weitem nicht so schlimm wie gestern.

Aloah & Happy days,

Herzlichst,

Ihr

Cord Uebermuth

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