Sonntag, 23. August 2015

Studie - der Sakurajima in Japan kann eine Atomkatastrophe in Sendai auslösen...

Eine Studie von Greenpeace, die bereits im Februar detailliert, das Gefahrenpotential für das Atomkraftwerk in Sendai untersuchte und eine Risikoanalyse im Falle einer Eruption des Sakurajima durchführte kommt zu dem Schluss, dass im Falle eines Vulkanausbruchs der Stufe 5 - also einem  VEI-Index von 5 - ähnlich wie beim Mount St. Helens in den USA - bereits eine schwerwiegende Störung des AKW in Sendai ausgelöst werden kann, die das Potential hat einen Super-GAU auszulösen.


Der Sakurajima ist ein Küstenvulkan - Bildquelle: NASA


Bei einem VEI-6 Eruptionsereignis ist dies sogar wahrscheinlich und bei einem VEI-7 Event ist ein Super-Gau und eine Atomkatastrophe mit kontinentalen Auswirkungen unvermeidlich. Die Studie über 70 Seiten lange Studie weist detailliert auf zahlreiche Sicherheitsmängel bei dem Atomkraftwerk hin, welches sich in einem Hochrisikogebiet befindet und erst seit 8 Tagen wieder in Betrieb ist und bereits in der ersten Woche eine Panne hatte.

Die Studie von Greenpeace bemängelt beim Durchspielen verschiedener Szenarien vor allem, die unzureichenden Sicherheitsmassnahmen und falschen Grundannahmen des AKW von Sendai und dessen Betreibers Kyushu Electric im Hinblick auf die Risikobewertung im Falle einer starken Eruption des Sakurajima  und die systemische Unterschätzung der Risiken eines gesteigerten Tephrafall-Outs durch die bei einer Eruption freigesetzte Vulkanasche im weiteren Umfeld des Vulkans.

Insgesamt gibt es offenbar zusätzlich 13 potentielle Vulkane in weiteren Einzugsbereich des des Atomkraftwerkes, welche in der Lage wären der Anlage so schweren Schaden zu zufügen, dass ein nukleares Disaster im ungünstigsten Fall ausgelöst werden könnte.

Large & Associates kommt in der Studie zum Schluss, dass insbesondere die mehr als 18200 qm² grossen Dachkonstruktionen durch den Ascheregen bei einer großen Eruption des Sakurajima einstürzen können und zu einer Atomkatastrophe führen können. Zudem wird bemängelt, dass Kyushu Electric weitere 10 000 qm² Dachfläche in der Risikoanalyse gar nicht erst mit einbezieht. 

Dabei gelten bei einigen Gebäuden Teile der Dachkonstruktion als nicht ausreichend gesichert gegen Einstürze durch den Fall Out der Asche im Falle einer Eruption. Dies gilt zwar weniger für das Reaktorgebäude selbst, nicht jedoch für einige sicherheitsrelevante Nebengebäude des Kraftwerkkomplexes, in dem unter anderem die Treibstoffe des AKW gelagert werden. So sind die Dachkonstruktionen lediglich für eine Aschedicke von 15 cm konzipiert. Sogenanntes Lapilli Tephra (Aschepartikel zwischen 2 und 64 mm Durchmesser) wiegt im trockenen Zustand bei eine Dicke von 10 cm zwischen 20-100 kg pro Quadratmeter. Sollte es regnen und die Asche durchnässen, dann könnte dieser Wert bei Lapilli Tephra bereits bei einer Schichtdicke von 10 cm bis zu 150 Kilogramm pro Quadratmeter erreichen.

Die Beseitigung durchnässter Asche würde zudem enorme Schwierigkeit bereiten, da diese nicht nur ihre Konsistenz verändert, sondern auch mit Reifen und Füssen der Räumungsmannschaften interagiert. Zudem müssten 30 Trupps mit 2 Personen unter massiv erschwerten Bedingung mindestens 14 Tage im 3 Schichtbetrieb arbeiten, um solche Mengen an Tephra - sprich vulkanischer Asche - von den gefährdeten Dachflächen zu entfernen. Dabei dürfte es aber unter idealierten Umständen keine weiteren Schwierigkeiten geben und zudem auch kein fortgesetzen Aschregen auftreten oder Regen die Räumungsarbeiten behindern. 

Der Ascheregen betrug beim Ausbruch des Mount St Helens 1.3 cm pro Stunde. Es ist leicht erkennbar, dass die Dachkonstruktionen des Atomkraftwerkes im ungünstigen Fall sehr schnell an ihre Grenzen stoßen würden und die Dachlast überschritten würde, wenn es nicht gelingt diese zeitig von den Aschemassen zu befreien. Wie dies bei Begasung des Personals mit Salz-, Schwefel-, und Flusssäure bei widrigsten atmosphärischen Bedingen und insgesamt fast 30 000 qm² Dachfläche in einer Ausnahmesituation gelingen soll steht in den Sternen.

Bereits der Tephra Ausstoß von lediglich 1 km³ im Jahre 1980 beim Mt St Helens führte in 300 km Entfernung zu einer 1.5 bis 5 cm dicken Ascheschicht. Beim Ausbruch des Mt Mazama in den USA in Oregon 5700 vor Christi Geburt erreichte die Ascheschicht eine Dicke von 17 bis 40 cm in mehr als 250 km Entfernung und war selbst in 100 km Entfernung mehr als ein halben Meter dick. Zur Erinnerung, das Atomkraftwerk in Sendai liegt nur 40 km vom Sakurajima entfernt.

Die Studie weist darauf hin, dass ein großes Gefahrenpotential jedoch nicht nur durch einstürzende Dachkonstruktionen gegeben ist, sondern auch durch einen Blackout der Kommandozentrale entstehen kann, sei es, dass die Stromversorgung durch Kurzschlüsse - ausgelöst durch herabregnende Aschepartikel - oder durch einen Zusammenbruch der Notstromversorgung des Atomkraftwerkes verursacht werden, weil die entsprechenden Filterwechselinvervalle des Notstromdiesel keinen suffizienten Betrieb der Kühlkreisläufe des Reaktors ermöglichen würden und zudem die Belüfungsfilter der Gebäude durch die Asche zugesetzt werden.

Die Autoren der Studie verweisen darauf, dass bei einem fortgesetzen Tephraausstoss des Vulkans es weitere massive logistische wie auch personelle Probleme geben kann, die dazu führen, dass der sichere Betrieb des AKW´s nicht mehr gewährleistet ist. Man rechnet damit dass bei einem größeren Ausbruch der Ascheregen unweigerlich dazu führen wird, dass die externe Stromversorgung des Atomkraftwerkes durch Kurzschlüsse im öffentlichen Stromnetz, nicht mehr gewährleistet sein wird und dann nur noch die Notstromdieselaggregate für eine Stromversorgung zur Verfügung stünden, welche dann die Kühlkreisläufe der Reaktoren so lang wie möglich aufrecht erhalten müssten, was jedoch mit erheblichen Gefahren verbunden ist, da die Asche mit Blick auf die zu erwartenden Filterprobleme im AKW von Sendai zum Ausfall der Generatoren führen kann, was wiederrum zur Kernschmelze und damit zu einem Super-Gau führen dürfte.

Folgende konkrete Risiken für eine nukleare Katastrophe des Atomkraftwerkes in Sendai werden dabei im einzelnen genannt:

1. Eine direkte Schädigung des Atomkraftwerkes und seiner angeschlossenden Versorgungsanlagen durch die Explosiondruckwelle bei einer Eruption des Vulkans

Dabei sind pyroklastische Ströme in der Lage je nach Stärke der Eruption, mit Geschindigkeiten von bis zu 550 km/h und einer Temperatur von bis zu 800 Grad Celsius sich auszubreiten - ähnlich wie beim Mt St Helens 1980, wo eine Fläche von 600 km² vollständig zerstört wurde. (Anmerkung: Kagoshima wäre dann Geschichte und die Einwohner der Stadt dem Tod geweiht.)

2. Die Autoren der Studie weisen darauf hin, dass vor 6850 Jahren in den USA bei der Eruption des Mount Mazama in Oregon pyroklastische Ströme  sich bis zu 60 km weit erstreckten. Ein ähnliches Ereignis kann auch für den Sakurajima nicht ausgeschlossen werden. Das AKW in Sendai wäre dann unmittelbar gefährdet.

3. Die Einwohner von Kagoshima sind bei einer Eruption des Sakurajima in akuter Lebensgefahr. Im ungünstigen Fall könnte es passieren, dass wie 1902 bei der Eruption des Mount Pelee auf Martinique, die Menschen in der Umgebung des Vulkans durch heisse Asche und Gase binnen weniger Minuten zu Tode kommen. Als Beispiel wird der Tod von 30000 Menschen genannt, die damals durch eine pyroklastische Wolke, die sich mit rund 160 km/h ausbreitete, beim Ausbruch überrascht wurden.

4. Als nicht zu unterschätzendes Risiko für eine Atomkatastrophe benennen die Studienautoren die reale Gefahr, dass es bei einem Stratovulkan zum Abrutschen von Landmassen des Vulkans kommen kann. Dabei sind besonders Küstenvulkane wie der Sakurajima in der Lage durch das plötzliche Abrutschen von abertausenden Tonnen Gestein und Landmassen schwere Tsunamies zu auszulösen. Die Debris solch gewaltiger Erdrutsche könnten dabei auch das Atomkraftwerk in Sendai direkt treffen.

Das solche Überlegungen nicht aus der Luft gegriffen sind, belegen die Autoren damit, dass vor 300 000 Jahren  am Mount Shastra in Kalifornien in den USA derartige Landrutsche rund 64 km weit sich erstreckten und eine Landfläche von mehr als 675 km² bedeckten. Das Tephravolumen des damaligen Ausbruchs betrug dabei lediglich rund 45 km³.

Besonders brisant ist, dass selbst bei einer Eruption mit einem VEI-Index von 5 bei ungünstigen Wetterbedingungen und südöstlicher Windrichtung die Dicke der Aschedecke auf der Dachkonstruktion des Atomkraftwerkes in Sendai sehr schnell Werte von 25 bis 35 cm erreichen kann. Sollte es dabei zusätzlich noch regnen, dann liessen sich Decken und Dacheinbrüche bei den wichtigen Versorgungsgebäuden des Atomkraftwerkes vermutlich nicht mehr verhindern. Es könnte dabei zum Ausfall der Notstromversorgung kommen und somit in der Folge zur Kernschmelze und zu einem Super-Gau. 

Beachten sie, dass die Dachkonstruktion des AKWs teilweise nur für Schichtdicken von bis 15 cm Tephra ausgelegt ist, was sogar unter der für Wohnhäuser gesetlich vorgeschriebenen Dachlast liegt, die ggf noch rund 17 cm Aschedicke tragen könnte.

Die Studie von Greenpeace weist darauf hin, dass in 10 Prozent aller Eruptionen mit einem Tephra Ausstoß von 0.1 km³ oder mehr selbst in 100 km Entfernung die Ascheschicht eine Dicke von 55  cm überschritt. Dies ergab die Auswertung von 36 Vulkanausbrüchen. Da bereits kleine Veränderungen der einzelnen Parameter zu deutlichen Veränderungen der Aschedicken führen können gestalten sich Vorhersagen schwierig. Mit Blick auf das Satsuma Ereignis am Sakurajima vor 12800 Jahren sollte aber die Möglichkeit von sehr hohe Ascheschichtdicken im Ernstfall in Erwägung gezogen werden. Sollte sich ein solches Ereignis wie vor 12800 Jahren wiederholen, dann würde Kagoshima beispielsweise unter einer 1 Meter hohen Ascheschicht begraben werden.

Die Studienautoren gehen davon aus, dass im Falle einer großen Eruption zudem die Kommunikationstrukturen zusammenbrechen werden, zum einen durch die direkte Einwirkung des Vulkans im Rahmen des Eruptionsereignisses und zum anderen wegen der Überlastung der Strukturen durch die erhöhte Inanspruchnahme der Telekommunikationstrukturen seitens der überlebenden Bevölkerung vor Ort.

Ein VEI-7 Ereignis im Falle einer Eruption kann mit Blick auf die vorliegende Studie und der Lage auf der Aira Caldera des Sakurajima dabei nicht ausgeschlossen werden. Ein VEI-7 Ereignis hätte nicht nur direkt einen Super-Gau und damit eine nukleare Katastrophe zur Folge, sondern weltweit und kontinentale Auswirkungen.

Quelle: 

http://www.greenpeace.org/japan/Global/japan/pdf/Volcano_Ash_report_by_John_Large.pdf

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