Samstag, 8. Juni 2013

Ein Gedicht über das Schweigen und Verschweigen...

...und über jenes was gesagt - und verhindert - werden muss. Günter Grass bringt es in seinem Gedicht "Was gesagt werden muss..."  vom letzten Jahr auf den Punkt. 



Das Gedicht soll zur Verdeutlichung der Problematik in der Desinformation der Massen in den öffentlichen Medien zur relevanten Bedrohungslage der gesamten Menschheit durch einen Atomkrieg hier noch einmal zitiert werden. Zitat:


Was gesagt werden muss...

von Günter Grass.


"Warum schweige ich, verschweige zu lange,
was offensichtlich ist und in Planspielen
geübt wurde, an deren Ende als Überlebende
wir allenfalls Fußnoten sind.

Es ist das behauptete Recht auf den Erstschlag,
der das von einem Maulhelden unterjochte
und zum organisierten Jubel gelenkte
iranische Volk auslöschen könnte,
weil in dessen Machtbereich der Bau
einer Atombombe vermutet wird.

Doch warum untersage ich mir,
jenes andere Land beim Namen zu nennen,
in dem seit Jahren - wenn auch geheimgehalten -
ein wachsend nukleares Potential verfügbar
aber außer Kontrolle, weil keiner Prüfung
zugänglich ist?

Das allgemeine Verschweigen dieses Tatbestandes,
dem sich mein Schweigen untergeordnet hat,
empfinde ich als belastende Lüge
und Zwang, der Strafe in Aussicht stellt,
sobald er missachtet wird;
das Verdikt "Antisemitismus" ist geläufig.

Jetzt aber, weil aus meinem Land,
das von ureigenen Verbrechen,
die ohne Vergleich sind,
Mal um Mal eingeholt und zur Rede gestellt wird,
wiederum und rein geschäftsmäßig, wenn auch
mit flinker Lippe als Wiedergutmachung deklariert,
ein weiteres U-Boot nach Israel
geliefert werden soll, dessen Spezialität
darin besteht, allesvernichtende Sprengköpfe
dorthin lenken zu können, wo die Existenz
einer einzigen Atombombe unbewiesen ist,
doch als Befürchtung von Beweiskraft sein will,
sage ich, was gesagt werden muss.

Warum aber schwieg ich bislang?
Weil ich meinte, meine Herkunft,
die von nie zu tilgendem Makel behaftet ist,
verbiete, diese Tatsache als ausgesprochene Wahrheit
dem Land Israel, dem ich verbunden bin
und bleiben will, zuzumuten.

Warum sage ich jetzt erst,
gealtert und mit letzter Tinte:
Die Atommacht Israel gefährdet
den ohnehin brüchigen Weltfrieden?
Weil gesagt werden muss,
was schon morgen zu spät sein könnte;
auch weil wir - als Deutsche belastet genug -
Zulieferer eines Verbrechens werden könnten,
das voraussehbar ist, weshalb unsere Mitschuld
durch keine der üblichen Ausreden
zu tilgen wäre.

Und zugegeben: ich schweige nicht mehr,
weil ich der Heuchelei des Westens
überdrüssig bin; zudem ist zu hoffen,
es mögen sich viele vom Schweigen befreien,
den Verursacher der erkennbaren Gefahr
zum Verzicht auf Gewalt auffordern und
gleichfalls darauf bestehen,
dass eine unbehinderte und permanente Kontrolle
des israelischen atomaren Potentials
und der iranischen Atomanlagen
durch eine internationale Instanz
von den Regierungen beider Länder zugelassen wird.

Nur so ist allen, den Israelis und Palästinensern,
mehr noch, allen Menschen, die in dieser
vom Wahn okkupierten Region
dicht bei dicht verfeindet leben
und letztlich auch uns zu helfen."


In dem Gedicht weist Gunter Grass insbesondere in der zweiten Strophe - zurecht - auf die immanenten Gefahren eines Atomkrieges hin. Das er hierbei den Verantwortlichen als Maulhelden bezeichnet, kann man dabei noch als freundliche Umschreibung für einen menschenverachtenden Kriegshetzer bezeichnen.

In der fünften Strophe rügt er die Rüstungspolitik der Deutschen, die sich an der Auslöschung von Menschenleben durch die Auslieferung von U-Booten an dieser menschenverachtenden Politik der Kriegshetzer beteiligt und offenbar nicht aus der Geschichte gelernt hat.

Zum Schluss weist Günter Grass am Ende seines Gedichtes auf die Lösung der potentiellen lobalen Zerstörung durch einen Atomkrieg hin, in dem er im ersten Schritt sein Schweigen bricht und klar die "Heuchelei des Westens" anprangert und die "Veursacher...zum Verzicht auf Gewalt" auffordert.

Es darf jedoch bezweifelt werden, dass in letzter Instanz Israel davon ablassen wird, den nahen Osten in ein atomares Fegefeuer zu treiben, wie bereits die jüngsten Vorgänge in Syrien in den letzten Tagen zeigen, wo es zu einer weiteren Eskalation der militärischen Auseinandersetzung gekommen ist, welche die Lage im gesamten nahen Osten weiter destabilisieren dürfte und zu zusätzlichen Spannungen in der arabischen Welt führen dürfte.

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