Das Politiker alles andere als kompetent und vertrauenswürdig sind, steht für mich ausser Frage. Zu sehr ist die Klientel auf die Gunst der Wähler angewiesen und ändert somit fortlaufend seine Meinung ohne die langfristigen Folgen ihres Handelns zu beachten. Das beste Beispiel liefert Gabriel dafür ab. Als Sprachrohr der Grossfinanz schickte er die Kurse der Versorger erst in den Keller und heute - oh Wunder - betreibt der Versorger Pushing zur Profitmaximierung interessierter Kreise, die offenbar ihre Aktien noch nicht haben abstossen können oder die RWE-Aktie bei 9 Euro gekauft haben und nun möglichst grossen Profit einkassieren wollen.
Der heute überarbeitete sogenannte "Atomstresstest" ist daher nichts weiter als eine Anlegerverarschung in meinen Augen. Unterziehen wir daher die RWE Aktie nach dem charttechnischen Stresstest vor 10 Tagen, der den Mitlesern satte Profite von rund 30-40 Prozent beschert haben sollte, einem eigenen Stresstest, abseits medialer Massenpropaganda an Hand harter Fakten und versuchen den fairen Wert der RWE Aktie im Hinblick auf die aktuelle und zukünftige Entwickung einigermassen zu bestimmen.
Der aktuelle Marktpreis diskontiert die Zukunftsrisiken mit lediglich rund 8 Prozent. Angesichts der Unwägbarkeiten in bilanzieller, wie auch in Ertragstechnischer Hinsicht eine fürwahr mehr als grosse Honorierung zukünftiger Unwägbarkeiten. Als Standard wird normalerweise ein Discount von 12 Prozent verwendet. Hieraus ergibt sich bei optimistischer Erwartungshaltung unter der Voraussetzung das keine neuen Aktien ausgeben werden müssen, was leider mit Blick auf den negativen Buchwert der RWE Anteile nicht ausgeschlossen werden kann, bei optimistischer Erwartungshaltung einen unterstellten marginalen Wachstum von 0.5 Prozent für die Zukunft in der DCF Methode ein fairer Wert von ca. 8.30 € je Aktie. Derzeit preist der Markt ein zukünftiges Wachstum von 6 Prozent jährlich auf die kommenden 10 Jahre bei der RWE Aktie ein. Dies ist als wirklich ambitioniert anzusehen und eher Ausdruck einer Überbewertung als einer fairen Bewertung.
Sollte RWE die Zahl der umlaufenden Aktien verdoppeln um sein Eigenkapital zu verstärken, dann würde der faire Wert sich im Gegenzug in etwa halbieren - von 8.30 Euro auf ca. 4.15 Euro. Da der negative Buchwert dafür wahrscheinlich ausgeglichen würde wäre auf die rund 4 Euro fair value ein Aufschlag von ca. 1-2 Euro durchaus gerechtfertigt - freilich aber erst nach stattgehabter Kapitalerhöhung und nicht vorher.
Dies stellt in der Summe noch eine optimistische Erwartungshaltung dar und unterstellt dass es nicht zu weiteren Einbrüchen beim Ertrag kommt und zu einer Insolvenz des Unternehmens. Mit Blick auf die Überschuldung der Unternehmen ist meines Erachtens eine Diskontierung von mindestens 30 Prozent auf die zukünftigen unterstellten Erträge vorzunehmen - auch mit Blick auf eventuell noch kommenden Kapitalerhöhungen und andere Unwägbarkeiten in der Bilanz, wie weiterer Abschreibungen.
Betrachtet man dabei einen 10 Jahreszeitraum bei einem aktuellen negativen Buchwert von ca. -1.70 Euro je Aktie so kommt man mit Blick auf die kommenden 10 Jahre bei einer unterstellten und optimistischen terminal growth rate von jährlich 4 Prozent und bei gegenwärtig unterstellten stabilen Erträgen von ca. 1.30 Euro je Aktie und statt weiter schrumpfenden Gewinnen auf ein jährliches Gewinnwachstum von 0.5 Prozent mit Blick auf die kommenden 10 Jahre bei einer Discount von 30 Prozent auf die akkumulierten Risiken im Unternehmen auf einen gegenwärtig fairen Wert je Aktie von ca. 2.60 Euro je Aktie.
In der Summe kann somit bei einem Discount von 30 Prozent in der Berechung des fairen Wertes nach der DCF Methode für die RWE Aktie gegenwärtig ein fairer Wert bei ca. 2.60 Euro fundamental hergeleitet werden. Dieser setzt sich wie folgt zusammen:
Buchwert ca. -1.70 Euro je Aktie, Ertragswert mit Blick auf die kommenden 10 Jahre bei jährlichem Ertragswachstum von 0.5 Prozent (Risiko: Die Erträge können auch weiter schrumpfen) unter der Annahme einer stabilen Ertragssituation im Rumpfgeschäft ca. 4 Euro je Aktie. Zusätzlich wäre auf der Habenseite ein terminal Value bei einer terminal growth rate von 4 Prozent pro Jahr von ca. 0.30 Euro gutzuschreiben.
In der Summe ergibt sich hiermit ein fairer Wert je RWE-Aktie von gegenwärtig 2.60 Euro. Dieser faire Wert wurde mit einem Discount von 30 Prozent ermittelt, womit auch die Risiken weiterer Abschreibungen eingepreist werden sollen.
Ohne Abschreibungen in der Zukunft wäre bei einem Standard Discount von 12 Prozent nach der DCF Methode ein fairer Wert von gegenwärtig 8.30 Euro zu veranschlagen. Sollte es zu weiteren Ertragsrückgängen kommen, dann wäre dieser Wert entsprechend nach unten zu korrigieren. Ebenso bei einer Kapitalerhöhung.
Sollte es beispielsweise zu einem Ertragseinbruch auf rund 0.60 Euro je Aktie in Zukunft kommen (Szenario einer Ertragshalbierung), so wäre mit maximal Nullwachstum in der Zukunft zu rechnen. Wegen des Risikos negativer Wachstumsdynamik würde ich den Discount in diesem Fall auf mindestens 20 Prozent erhöhen. Bei Insolvenzrisiko scheinen hingegen auch auf 30 oder 50 Prozent angebracht.
Der faire Wert der RWE Aktie (ohne Berücksichtugungen eventueller Kapitalerhöhungen im Vorfeld) würde dann im Falle einer Ertragshalbierung auf einen Wert von ca. 1.25 Euro je Aktie abzusenken sein.
Im Falle eines zu diskutierenden Insolvenzszenarios mit einem Discount von 30 Prozent wäre dabei der faire Wert in einem solchen Szenario auf nur noch 0.001 Euro bis 0.25 Euro je Aktie zu taxieren, sofern das Unternehmen es nicht im Vorfeld schafft sich am Markt buchwerttechnisch erfolgreich zu refinanzieren.
Fazit: Die Aktie erscheint in diesem von mir erstellten Stresstest derzeit mehr als ausreichend bewertet - und der Markt preist ein sehr optimistisches Szenario für die Aktie von jährlich 8 Prozent Ertragswachstum auf die kommenden 10 Jahre ein. Das Wirtschaftsministerium dürfte die Konzerne aber in Zukunft vermutlich zur Kasse bitten und dies nicht zu wenig. Die RWE Aktie hat das Monatsziel bei 13.70 Euro erreicht. Weitere Zugaben erscheinen vor dem Hintergrund der bilanziellen Probleme und Überschuldung eher mit Vorsicht zu geniessen.
Anleger und Aktionäre sollten im Auge behalten, dass die Versorger sehr warscheinlich nicht ohne neue Milliarden aus dem Kapitalmarkt auskommen werden, so denn sie nicht Gefahr laufen wollen sich zu ruinieren.
Die Bandbreite des fairen Wertes der RWE-Aktie reicht von 0.001 Euro je Aktie (Insolvenzszenario und Totalverlust) bis ca. 9 Euro. Je nachdem wie die Erträge in der Zukunft sich entwickeln und welche bilanziellen Wertberichtungen in Zukunft noch erforderlich sind - auch mit Blick auf die Pensionsforderungen. Alles andere hängt an der zukünftigen Ertragsentwicklung und dem Schuldendienst. Allein in den kommenden 2 Jahren muss RWE rund 2.4 Milliarden Euro an die Gläubiger zurückzahlen. Eine Dividenzahlung in gewohnter Höhe erscheint vor diesem Hintergrund eher unpassend. Die Debt to Equity Ratio ist die schlechteste unter den europäischen Versorgern.
Die aktuelle Bewertung der RWE Aktie unterstellt ein jährliches Ertragswachstum von rund 6 Prozent ohne weitere Ertragsrückgänge und diskontiert die Risiken für die Zukunft nur mit lediglich 8 Prozent. Angesichts der in der Bilanz schlummernden Risiken erscheint dies mehr als ambitioniert.
Da der Markt bei ca. 9 Euro bereit war den Preisvefall zu stoppen, scheinen die grossen Adressen der Auffassung zu sein, das ein Discount von derzeit 11 Prozent bei Nullwachstum unter der Voraussetzung stabiler Erträge für die kommenden 10 Jahre einen fairen Wert darstellen könnte. Dies könnte sich aber ebenso als Trugschluss erweisen. Denn im Falle einer Kapitalerhöhung wäre zwar der Buchwert gebessert, aber es muss davon ausgegangen werden dass die Mittel einer Kapitalerhöhung nicht den Unternehmen und den Aktionären zugute kommt, sondern für Dritte bestimmt ist.
Vor diesem Hintergrund erscheint das Kursaufwärtspotential der RWE-Aktie derzeit eher ausgereizt. Erneute Kursrückschläge sollten eingeplant werden. Ebenso scheint es zunehmend unwahrscheinlich, dass RWE auch weiterhin jährlich 1 bis 1.5 Milliarden Euro an Dividenden an die Aktionäre ausschüttet und damit zu Lasten der Verschuldung sein Kreditrating gefährdet, was widerrum bei weiterer Abstufung zu höheren Folgekosten führt.
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