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Im September ist es zum Ausbruch der Pocken in England gekommen - genauer gesagt zum Ausbruch der Affenpocken, welche durch einen mit dem Pockenvirus verwandten Erreger auch Mensch zu Mensch Infektionen mit einer Case Fatality Rate von bis zu 10 Prozent verursachen kann.
Quelle des Bildzitates: CDC/USA - Elektonenmikroskopische Aufnahme eines mit dem Affenpockenvirus verwandten Pockenvirus |
Der Erreger Orthopoxvirus simia (Monkeypox Virus), der für den Ausbruch der Affenpocken verantwortlich ist, wird durch direkten Kontakt mit dem Erreger vor Ausbruch der vollen Krankheitssymptomatik oder mit Beginn der Erkrankung während der Enanthem und Exanthemphase, in denen er sich in sehr hoher Konzentrationen in den Hautläsionen, ähnlich wie bei Windpocken, befindet, übertragen.
In der Phase vor Ausbruch des exanthemischen Bildes, was mit einer Windpockenerkrankung oder auch einem Herpes Zoster, ggf. auch mit einem Röteln Exanthem oder einer allergischen Dermatitis verwechselt werden kann, ist eine Übertragung auch durch die Luft möglich.
Da in der präeruptiven Phase vor allem die unspezifischen Zeichen eines Racheninfektes meist vorhanden sind ist eine Verwechslung mit einer Virusgrippe möglich, ehe es später zum Vollbild eines zentripetal sich ausbreitenden "Pockenbildes" kommt, dass sich vom Gesicht und den Händen über den Körper des Patienten ausbreitet.
In dieser präeruptiven Phase, wo ein Patient unter den Symptomen eines hochfieberhaften Racheninfektes (bis zu 40.5°C Körpertemperatur) mit begleitenden Fieberschub und entzündlichen Veränderungen im Oropharynx symptomatisch wird, kommt es zu einer massiven Vermehrung der Viren im Mundraum der Patienten, die über ein Virusaerosol beim Sprechen oder auch Husten auf Kontaktpersonen übertragen werden können und dort mit zeitlicher Latenz ebenfalls zum Ausbruch der Affenpocken führen können. Die Sterblichkeit bei Infizierten ist mindestens so hoch einzuschätzen wie bei der spanischen Grippe aus dem Jahre 1918. Die WHO schätzt die Case Fatality Rate auf 1-10 Prozent der Infizierten.
Infizierte Patienten gehören daher auf Isolationsstationen und Kontaktpersonen müssen ermittelt werden, wenn die Diagnose gestellt wird. Das Virus darf nur in Hochsicherheitslaboren der Stufe 3 in Deutschland untersucht werden.
Bei dem Ausbruch in England im September wurde bei zwei zuvor aus Afrika eingereisten Personen die Diagnose "Affenpocken" gestellt. Eine weitere Kontaktperson aus dem Kreis des medizinischen Personals, die mit einem der Erkrankten vor der Isolierung Kontakt hatte, erkrankte in der Folge ebenfalls und musste isoliert und behandelt werden.
In Afrika - allem voran im Kongo, wo derzeit Ebola weiter endemisch am grassieren ist, scheint das Virus zunehmend kontagiös zu sein, weil offensichtlich der Immunstatus im Hinblick auf die Pockenimpfungsrate sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten verschlechtert hat.
So ist die Zahl der Mensch zu Mensch Übertragungen mit dem Affenpockenvirus im Kongo von 30 Prozent in den 80´er Jahren auf 73 Prozent im Jahre 1997 angestiegen, was nach Angaben des Robert-Koch-Institutes auf einen nachlassenden Pockenimpfschutz in der Bevölkerung zurück zu führen ist.
Gleichwohl muss hier angemerkt werden, dass die Pockenimpfung keine totale Immunität gegen das Affenpockenvirus vermittelt, sondern trotz Pockenimpfung die Erkrankung ebenfalls, wenn gleich meist nicht so schwer im Verlauf, ausbrechen kann.
Eine kausale Therapie für die Affenpocken gibt es bislang nicht.
Die Virustatika Cidofovir und Brincidofovir sollen laut ECDC bei in vitro Tierversuchen eine Wirksamkeit gezeigt haben, für die der Beweis beim Menschen jedoch noch aussteht. Auch Impfseren von bereits stattgehabten infizierten Patienten könnten ggf. als therapeutischer Ansatz in Frage kommen. Aber auch hierzu gibt es keine Studien, genauso wenig wie einen suffizienten Impfstoff gegen die Affenpocken.
Im Jahre 2017 hat sich das Affenpockenvirus auch in Nigeria ausgebreitet und ist inzwischen dort heimisch - oder wie die Infektionsepidemiologen sagen endemisch endemisch geworden.
Da das Exanthem leicht mit einem beginnenden Herpes Zoster, den Windpocken und anderen Exanthemen verwechselt werden kann, ist besonders auf einen Auslandsaufenthalt zu achten oder den Kontakt zu anderweitig ebenfalls an Affenpocken erkrankten Personen, insbesondere wenn dieser innerhalb der letzten 4 Wochen vor Beginn der Erkrankung stattfand.
Eine Infektionsgefahr besteht während der gesamten Krankheitsdauer (Aerosolinfektion, Staubaerosol-Infektion oder direkten Kontakt) bis zum Abfall der Krusten und der Hautveränderungen. Die Abheilung der Hautläsionen hinterläßt Narben und dauert in Analogie zur Pockenerkrankung in aller Regel 2-3 Wochen.
Die Prodromalphase dauer 2-3 Tage. Das Exanthem bildet sich innerhalb von 1-4 Tagen aus und die Abheilung der Hautveränderungen kann, sofern der Patient nicht zwischenzeitlich an den Komplikationen verstirbt, bis zu 4 Wochen dauern.
Die klinische Symptomatik ähnelt im großen und ganzen der Variolapockeninfektion, die seit Mitte des 20. Jahrhunderts als ausgerottet gilt. In einer Phase vor der Auftreten der Hautveränderung dominiert eine unspezifische Symptomatik (Unwohlsein, Husten, Kopf- Hals- und Rückenschmerzen, ggf. auch Durchfall) und mit teil sehr hohem Fieber.
Im zweiten Teil der Erkrankung bilden sich Veränderungen im Rachen und Mundraum aus (Enanthemphase am 1. Tag der eruptiven Phase, die hohe Mengen an Viren in die Umgebung freisetzen), gefolgt von dem Ausbruch der zentripetal sich ausbreitenden pockentypischen Hautveränderungen, die leicht mit einem Herpes zoster verwechselt werden kann. Dieser exanthemische Verlauf wird bei 80 Prozent der Infizierten angetroffen. Bei 20 Prozent der Erkrankten entsteht hingegen ein Hausauschlag der ein ähnlich polymorphes Bild wie die Windpocken (Varizellen) aufweist.
Dabei ist begleitend das Auftreten einer Bindehautentzündung mit konsekutiven Lidödem möglich, sowie ebenfalls eine Rachen und Mandelentzündung, was eine Abgrenzung zu einem Herpes Zoster in der Frühphase der Erkrankung vor Ausbruch des Vollbildes der Affenpocken zusätzlich erschweren kann und sofern nicht nach Kontakt zu Affenpocken erkankten Personen im Vorfeld der Diagnose gefragt wird oder ein Auslandsaufenthalt in West- bzw. Zentralafrika für die letzten vier Wochen nicht ausgeschlossen wird.
Tödliche Verläufe liegen laut WHO mit einer Rate von 1-10 Prozent deutlich höher als die vom RKI gemachten Angaben. Die hämorrhagische Verlaufsform ist dabei meist mit einer ungünstigen Prognoe verbunden. Dauerschäden in Form von bleibenden Narben - auch am Auge, welche zur Erblindung führen - sind möglich.
Milde Verlaufsformen mit weniger als 10 Pocken und auch subklinische Verläufe werden diskutiert und können zu einem pandemisch/endemischen Ausbruch der Affenpocken in einem immunologisch naiven Bevölkerungskollektiv ohne Pockenschutz zur Ausbreitung der Affenpocken von Mensch zu Mensch beitragen.
Zur virologischen Diagnostik in einem Sicherheitslabor der Stufe 3 eignen sich Pusteln, Krusten, Abstriche von Geschwüren im Rachenraum der Betroffenen und der Virusnachweis im Blut.
Der direkte Erregernachweis gelinggt mit hoher Sensitivität aber fehlender Spezifität in mehr als 96 Prozent per Transmissionselektronenmikroskopie (TEM).
Ebenso kann eine Erregerdiagnostik mittel DNA Nachweis durch PCR, Zellkulturen oder serologisch diagnostische Massnahmen, wie z.B. eine Elisa, erfolgen.
Patienten, die entsprechende Symptome, wie zuvor genannt, innerhalb von 3-4 Wochen nach Rückkehr aus Zentral- und Westafrika entwickeln, sollten weitergehenden Untersuchungen zugeführt werden, ebenso wenn zuvor auch Kontakt zu an Affenpocken erkrankten Personen bestand. Die Inkubationszeit liegt bei 7-21 Tagen, in aller Regel aber zwischen 10 und 14 Tagen.
Die Erkrankung ist vermutlich meldepflichtig. Es empfiehlt sich daher bei Infektionsverdacht umgehend Kontakt mit dem RKI und den zuständigen Gesundheitsämtern aufzunehmen und die Patienten bis zur Sicherung der Diagnose zu isolieren und entsprechende Schutzmassnahmen zu treffen.
Ansprechpartner in Deutschland für die weiterführende Diagnostik bei Affenpocken ist das Konsilarlabor der
Robert-Koch-Institutes, Dr. Michael Laue,
Telefon: +4930-18754-2675
FAX: -2571
Quellenverweis für diesen Blogbeitrag:
- https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/98148/Affenpocken-in-England-uebertragen
- https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/P/Pocken/Affenpocken_download.html
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